Alle Beiträge von AG Film

shortfilm volunteers assembly 2016

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Gesternabend fand die diesjährige „shortfilm volunteers assembly“ statt, die jährliche Vollversammlung aller Ehrenamtlichen des Kurzfilm-Bereiches des Emder Filmfestes. Besprochen wurde die Besetzung der Nominierungskommissionen für die beiden partizipativen Kurzfilmprogramme, das Programm um den Engelke-Filmpreis und das Programm „Neue Bilder, andere Welten“. In diesem Jahr stellen folgende Ehrenamtliche die Kommission „Engelke“:
Marco Breidenbach, Tobias Heß, Charlotte Dane, Ewald Zimmermann, Pia Grabowski, Jonas van Laaten, Kathi Gedenk, Nieke Weinast, Tobias Bakker, Josi Weyer, Enis Abazi und Marcel Schulz.

Die Kommission „Neue Bilder, andere Welten“ besteht in diesem Jahr aus:
Hanna van Ellen, Eduard Blatz, Tim Dobbert, Christoph-Alexander Hermanns, Lea Voelkel, Hajo Wildeboer, Bernd Frikke, Stefan Burggraf, Jannes Westerman, Martin Diekhof und Christina Diekhof.

Die Mitglieder der AG Film boten dem Organisator des Engelke-Programms und Gastredner des Abends, Edzard Wagenaar, ihre Hilfe bei der Schaffung von Offenheit und Teilhabemöglichkeiten im Bereich Engelke an. Wagenaar stelle den Mitgliedern im Gegenzug seine Beratungshilfe in ästhetischen Frage in Aussicht. Im nächsten Jahr soll das Treffen auf Dezember vorverlegt werden. HW

Film-Workshop im Jugendzentrum

Die AG Film des Apolloverein und das JZ Alte Post veranstalten am 16.4.2016 einen Film-Workshop in der Alten Post. Gemeinsam mit dem Emder Medienzentrum und Studierenden der HS Emden-Leer wollen wir uns das Filmemachen beibringen. Der Workshop ist kostenlos – eingebracht werden unsere Ideen und unsere Freizeit. Kameras, Schnittcomputer und ein Mittagessen werden gestellt. Wenn Ihr Interesse habt, teilzunehmen, meldet Euch schnell über das JZ Alte Post an. Es gibt nur eine begrenzte Anzahl von Workshop-Plätzen. Wir freuen uns über alle, die sich mit uns ans selbstorganisierte Filmemachen herantrauen!

Anmeldungen an:

Alte Post – Zentrum für junge Menschen
Cirksenastraße 2a, Emden
Tel.: 04921/58926111
E-Mail.: jzaltepost@emden.de

Exkursion IFF Rotterdam: Fazit

Mehr Fotos aus Rotterdam hier.

Fazit unserer Exkursion nach Rotterdam: Unsere Habitus-Übung hat funktioniert. Das Band um den Hals und der Laptop auf dem Schoß, das Schreiben, das Sprechen, das selbstverständliche, mittlerweile routinierte Betreten des Saals, die Nähe zu den Wettbewerbsteilnehmern im Shuttle-Car und an der Bar. Ohne, dass wir uns innerlich verändert haben, nur durch die Architektur, die äußeren Attribute und die Bewegungen, werden wir zu „Expertinnen“, zu legitimen Teilnehmern des Betriebes. Gespräche entstehen von ganz alleine. Während des Rotterdamer Filmfestivals hatten wir so auch die Möglichkeit Expertinnen und Experten zu ihrer Arbeit und zu unserem Projekt zu befragen. Hier ein paar Impressionen.

Saul Judd, Filmkurator (Lichter Filmfest Frankfurt), erklärte uns, prinzipiell könne jeder Mensch lernen, eine Filmkuratorin zu werden, jedoch führe dieser Weg über ein mehrjähriges geisteswissenschaftliches Studium, in dem vor allem ästhetische Fragen behandelt werden. Er war aber der Meinung, es sei heutzutage die zentrale Herausforderung für die Filmkunst, marginalisierte Gruppen wie Flüchtlinge und Einwanderer in die Entscheidungen darüber, was Kunst ist, einzubinden. Die große Herausforderung bestehe dabei in der Heterogenität von Gruppen. Plakative Forderungen nach „mehr Demokratie“ reichten nicht aus, detaillierte Konzepte der Einbindung und Weiterbildung seien notwendig.

Ryan McRyhew und Milton Croissant, Audio und Visual Artists im Programm „sound//vision“ des IFFR und Gründer des Musik- und Kunst-Kollektivs „Rhinoceropolis“ in Denver, USA, ermutigten uns, für das was wir tun, den Begriff „DIY“ zu benutzen und uns auch in der Tradition dieser Bewegung zu begreifen. McRyhew, der in der Automobil-Stadt Chicago studiert hat, lieferte uns mit seinen Erzählungen von „DIY-Spaces“ und Kunstkollektiven in alten Kaufhäusern einen spannenden Ansatz für Kulturarbeit in Zeiten der ökonomischen Krise. Die Neoliberalisierung der Automobil-Industrie, die in Emden mit der VW-Krise jetzt erst ankommt, ist in den USA schon lange spürbar. Dort, wo staatliche Kunstförderung praktisch nicht existieren kann, seien neue, innovative Projekte immer nur aus der Do-It-Yourself-Bewegung heraus entstanden, berichteten McRyhew und Croissant.

Hayet Benkara, Film Consultant mit Schwerpunkt Audience Development beim IFFR, beschrieb uns die heutige Filmlandschaft als eine Situation in der FilmemacherInnen und Produzenten völlig Losgelöst vom Publikum arbeiten. Nach der Festivalauswertung, die für viele Filme ohne Verleih endet, stelle sich vielen KünstlerInnen die Frage, wie ihre Arbeit ihr Publikum finden kann. Das Audience Development habe es sich zur Aufgabe gemacht, die Menschen wieder miteinander über die Filme ins Gespräch zu bringen. Die Arbeit unserer AG Film bewertete Benkara in diesem Kontext. Gruppen und Initiativen wie Apollunion e.V. seien Schnittstellen zwischen einer abgehobenen und vom Alltag losgelösten Branche und einem selbstbewussten und kulturaffinen Publikum. Sie ordnete uns aber auch dem Bereich der Filmbildung (in der Sprache der EU ‚film literacy‘) zu. Filmbildung verfolge einen emanzipativen Charakter. Dies sei sehr wichtig, um kulturfernen Gruppen einen Zugang zu Kunst zu ermöglichen. Aber, so fragten wir sie, geht es wirklich um etwas ‚Höheres‘, zu dem andere gebracht werden müssen? Oder muss der Berg vielleicht zum Propheten kommen? Um weder die Sprache der Märkte zu reproduzieren (audience development) noch die Bevormundung der Oberlehrer zu übernehmen (film literacy), einigten wir uns auf den Begriff ‚audience empowerment‘. Das ist vielleicht das englische Wort für das, was wir immer Selbstbildung nennen.

 

Tiger Awards Competition for Shortfilms 3

Dritte Runde der Tiger Awards. Es ist nicht leicht, den ganzen Tag Kunstfilme zu gucken. In Rotterdam wird ein Kunstbegriff der Hinterfragung und Verunsicherung propagiert. Gute Kunst ist demnach die, die die Menschen irritiert und zum Nachdenken bringt. Wir sind also nicht zum Spass hier sondern zur Bewusstseinserweiterungsarbeit. Die beginnt im 3. Block mit einem thailändischen Hip-Hop-Video im Film mit dem sperrigen Titel „Painting with History in a Room Filled with People with Funny Names 3“. Der Künstler Korakrit Arunanondchai feiert die Kraft von HD-Kameras: „Nicht mehr lange, dann werden wir so eine gute Aufnahme und Wiedergabequalität haben, dass ein Film von der Sonne die Sonne ersetzen kann.“ Eine wichtige Rolle nehmen hier Drohnen ein, an denen Kameras montiert sind. Jede noch so kriminelle Jugendbande kann sich mit Hilfe dieser Technik in einem Kameraüberflug à la Herr der Ringe als episch inszenieren. Diese Macht preist Arunanondchai in einem religiös anmutenden Monolog an. Hier geht es durchaus um Partizipation. Auch die Produktionsmittel, die benötigt werden, um ein Bild von sich zu erschaffen und vermeintlich Subdominantes auf der Leinwand zu vergrößern und überhöhen,  werden für uns in naher Zukunft erschwingbar sein. Mir stellt sich dabei aber die Frage, wer den Zugang zur Leinwand kontrolliert. In Rotterdam wir die Auswahl der Film-KuratorInnen nicht erklärt oder gerechtfertigt. Das Komitee tritt auch nicht in den Q&As nach den Filmen vor das Publikum sondern lässt sich von ModeratorInnen vertreten. Nachdem „Cinéma concret“ (Japan/NL 2015, 23 min) von Makino Takashi, der schon an unserem ersten Abend mit einer Performance im Worm zu sehen war, gezeigt wird, entsteht im Publikum der Wunsch, die KuratorInnen nach ihrer Auswahl zu befragen. Die Moderatorin muss passen. Der Künstler selbst möchte, auf meine Nachfrage hin seine Arbeit nicht erklären. Es ist das Unbewusste, das er hofft mit seiner filmischen Abstraktion anzusprechen. Hanna mochte den Film sehr gerne. Vielleicht kommt nachher noch ein Post von ihr dazu. Hoffentlich. Ansonsten wir es wohl in ihrem Unbewussten verbleiben.

Heart of Dog

Gut, dass ich heute morgen im neuen Film von Laurie Anderson (Heart of Dog, USA 2015, 75 min.) war. In ihre Einsichten über die Liebe, den Tod und das Jenseits führt die Regisseurin und Musikerin das Publikum über eine genaue Selbstbeobachtung ein. Hier lerne ich durch die Lebenserfahrung eines feinsinnigen Menschen über die wirklich relevanten Dinge. In essayistischer Weise erzählt Andersons Off-Stimme von ihrer Liebe für ihren Hund Lolabel, was mehr als einmal für befreiendes Lachen im Kinosaal sorgt. Über das Motiv der Fürsorge zieht die Regisseurin einen Bogen zur Sicherheit, zur Sicherheitspolitik, zum Law-and-Order-Wahn in den USA nach 9/11. Vor allem aber kommt sie sehr bewegend auf die persönlichesten, aktuellen und retrospektiven Verlusterfahrungen zu sprechen – von ihrer Kindheit bis zum Tod ihrer Mutter. Die Größe der Themen und die Tiefe ihrer Gedanken haben mich sehr bewegt.

The Mesh and the Circle

Der Film „The Mesh and the Circle“ (M. Caló/F. Queimadela, PRT/IT 2014) lief heute Mittag im Programm „Heart of the Matter“, dass laut Katalogtext alle Sinne ansprechen soll. Er benutzt Filmmaterial, das handwerkliche Arbeitsprozesse zeigt. Es wird Eisen gegossen, Kupfer geschlagen, Ton getöpfert, Fisch gefischt und Glas geblasen. Das Material wird in Form gebracht. Eine Reflexion auf das künstlerische Schaffen. Das sind wunderschöne Bilder, die in Kontrast treten zu ekeligen Fischeingeweiden und brutalen Wrestlingszenen. Der Herstellungsprozess einer Glocke wird gezeigt, die Musik wird episch, wenn sie beginnt zu schlagen. Eine Gruppe von Arbeitern gräbt ein Labyrinthsystem aus kleinen Dämmen in den Boden, das anschließend mit Steinen ausgemauert wird. Dort hinein wird flüssiges Eisen gegossen. Was entsteht hier? Vielleicht ein gusseisernes Fallgitter. Um Gitter geht es dem Film auf einer theoretischen Ebene. Eine Stimme aus dem Off entwickelt eine philosophische Theorie, der wir nicht mehr ganz folgen können. Vielleicht geht es um die alte philosophische Frage was zuerst da war, die Formen oder das Material. Es geht um die Gesten, die Menschen machen, wenn sie von einer Idee erzählen. Diese Gesten versucht der Film in einem Gitter darzustellen, einer abstrakten Grafik die einem Mandala ähnelt, nur eckig. Jetzt gestikulieren wir gerade, weil wir diskutieren, in welches Programm wir als nächstes gehen. Tiger Awards! Gute Idee! Aber. Auch. Arbeit.

sound//vision

In der Programmreihe „sound//vision“ wird Film wie in einem Konzert als etwas artistisch Dargebotenes, live und individuell Beeinflusstes geizeigt.

Der Spielort, das Kino Worm (Fassade s. Foto), war so umgebaut, dass eine zweite Leinwand an der Seite des Saals, quer zu den aufsteigenden Sitzreihen des Zuschauersaals angebracht war. Entsprechend sammelten sich die meisten Besucher im Eingangsberech des Saals. Hier waren zusätzliche Stühle aufgestellt. Die neue Breite des Raums wurde für ein filmisches „Querfeuer“ mit jeweils zwei 16mm-Projektoren genutzt, von beiden Ecken des Saals ausgehend, überblendeten sich die Bilder der Projektoren auf der Leinwand. Diese Bilder bestanden im ersten Durchgang aus 16mm-Filmen, die im Fast-Forward-Geschwindigekeit mit wilder Handkamera gefilmte Aufnahmen von einer Performance-Aktion irgendwann aus der Zeit, als Coca-Cola-Flaschen noch in Holzkisten geliefert wurden und Männer in der Öffentlichkeit Hüte trugen. Nicht so die gezeigten Künstler. Sie laufen nur mit einer Gasmaske bekleidet durch ein Shopping-Mall und tragen Barren mit gefesselten bzw. erstarrten Menschen darauf zwischen sich. Reine Provokation? Perfomancekunst war (ist?) eine Kunstform die nur im Moment lebendig sein wollte, sich einer Ausstellung im Museum oder in der Gallerie, also dem Status als verkaufbare Ware verweigern wollte. Genau das könnte mit dem Zeigen der Filmaufnahmen aber im Nachhinein doch noch passieren: Auf einem Festival, schön eingebettet als wichtige historische Dokumente. Das Verhindern dieses Effektes war die eigentliche Darbietung am Donnerstagabend im Worm. Der Künstler Rikuro Miyai und Team kolorierten die Schwarzweißbilder ‚live‘ mit Farbschablonen, einige Filme wurden als negativ eingespielt, die Überblendungen der beiden Projektoren, die Dominanz des einen oder anderen Bildes, war einer spontanen Handlung der VorführerInnen geschuldet, ebenso der ‚Schnitt‘, d.h. der Einsatzzeitpunkt für die nächste Filmrolle. Mit einem mindestens 50-punktigen Laserpointer übermalte der Künstler die gezeigten Bilder zudem mit seiner Handschrift. Einen eigenständigen Teil bildete der Soundtrack. Floris Vanhoof saß an einem Tisch mit vielen Kabeln und erzeugte synthetische Klänge aus Amplituden und Frequenzen, die mal rauschend durch verschiedene Tonhöhen modulierten und mal gurgelnd und klagend in zu- und abnehmender Rotation zu höhren waren.

Der zweite Teil war noch direkter artistisch. Der Künstler Makino Takashi stieg auf eine kleine Bühne vor zwei Projektoren. Viele Blicke wandten sich von der Leinwand ab und zum Darsteller hin. Zu sehen war ein „human flicker“. Das bedeutet: Zwei 16mm-Filme von Jun’ichi Okuyama, die ein offenes und ein geschlossenes Auge zeigen, wurden mit zwei Projektoren überblendet. Takashi, der zwischen den Projektoren stand, konnte mit je einem Herrenfächer in jeder Hand das Bild des einen oder anderen Projektors an- und abschalten. Das Auge begann zu zwinkern, immer schneller, Takashi kam ins Schwitzen. Er kontrollierte das Auge das auf ihn und uns blickte. Oder kontrollierte es ihn? Wirkte das Film-Bild in dieser Aktion eher statisch (nur offen oder geschlossen durch Takashis Bewegung) so zeigte der Künstler im Anschluss in einem ‚Painting‘ die Bewegungen des Films selbst, die wir auf der Leinwand normalerweise nicht mehr sehen. Er bemalte eine leere Filmrolle während sie durch den Projektor lief mit seinen Fingerabdrücken in roter Tinte. Bei jedem ‚Stempel‘ gab er laut Bescheid, sodass die Verzögerung zwischen Stempelhandlung und rotem Fingerabdruck auf der Leinwand bemerkbar wurde. Am Ende wischte er den ganzen noch immer durch den Projektor surrenden Film mit einem Tuch wieder ab. Auch hier blieb also nichts Verwertbares zurück. Außer unseren Eindrücken, die damit hier vermerkt wären.

„Filmen hat nichts mit komplizierter Technik und Zaubertricks zu tun. Alles, was man braucht, kann man in einem Tag lernen. Ich habe nie verstanden, warum junge Menschen vier Jahre oder noch länger auf eine Filmhochschule gehen. Es geht doch nur darum, die Realität so zu zeigen, wie sie ist.“ (Ken Loach)

„Es ist der Geschmack, der sich durch das Anschauen sehr vieler Filme mit den entsprechenden Hinweisen und Bezeichnungen herausbildet, der «nach und nach» die Urteilsfähigkeit begründet, die dann punktuell auf diesen oder jenen Film angewandt werden kann.“ – Alain Bergala (Kino als Kunst)