blindcinema

Der schönste Film, den ich nie sehen durfte

Lataren Venster, Zaal 05. Blind Cinema.

Ich sitze im Sessel, neben mir freie Plätze – Zumindest soweit ich mich erinnern kann.
Es ist dunkel. Sehr, sehr dunkel.
Während ich ein Plastikrohr fest an mein Ohr drücke, spüre ich wie ich mich durch eine Augenbinde hilflos fühle.
Vom anderen Ende des Rohres her flüstert eine kindliche Stimme. Für mich ein letzter Hoffnungsschimmer, auch wenn mir langsam bewusst wird, dass weder die Stimme noch ich vorher informiert wurden um was sich das dargebotene handelt.
Die dialoglose Tonspur aus den Lautsprechern klingt unnatürlich fern der Realität ohne dazugehöriger Bilder. Mein einziger Halt die immer stärker werdende Symbiose meiner bildlichen Vorstellung und den Beschreibungen die mir zugeflüstert wird. Wir werden eins. In den puristischen Beschreibungen von Formen und Farben mischen sich immer mehr Interpretationen. Zwei Männer in Regenjacken und Taschenlampe? Natürlich! Das müssen Diebe sein!

Kann ich die Stimme im Rohr noch von der meiner Gedanken unterscheiden? Ach ja, wie fühlen sich eigentlich Blinde auf einem Filmfestival?

Die Männer in Regenjacke zünden ein Feuerwerk an. Doch keine Diebe. Aber dafür kann ich jetzt die Pyrotechnik bewundern. Deutlich kann ich alles sehen. Wie schön das rot und gold im Himmel funkelt!

Mit dem Feuerwerk enden 45 Minuten Blindheit und bevor die Augenbinde gelüftet wird, sind die ca 30 Kinder im Saal zusammengelaufen. Verwunderlich ist, dass ich nicht mehr in der Lage bin die Stimme, die sich für das gesamte Screening in meinen Kopf befunden hat, wieder zu finden. Ein Stück gemeinsam erlebte, extrem Intensive Festivalerfahrung verfliegt.

Bleibt mir nur noch übrig eine Frage in die Gruppe zu rufen: „Wie war es für euch?“ „Großartig“ schallt es vielstimmig zurück.

„Das stimmt“,denke ich, „ihr wart großartig!“